Blutegeltherapie

 

Die Blutegeltherapie findet im Humanbereich bereits seit etwa 3000 Jahren Anwendung. Der ursprüngliche Lebensraum der Blutegel sind Uferregionen von Gewässern. Zur Nahrungsaufnahme hängt sich der Blutegel an Wildtiere, die zur Tränke an die Gewässer kommen. Berichten zur folge suchen kranke und verletzte Tiere bewusst blutegelbesiedelte Gewässer auf, wohl um von der heilsamen Wirkung zu profitieren. Durch die Symbiose zwischen Egel (Heilung) und Wirt (Nahrung) ergibt sich eine beidseits nützliche „Win-Win-Situation“. Heute gibt es extra Blutegelzuchtstationen, zur Züchtung von medizinischen Blutegeln (z.B. Hirudo medicinalis) für den medizinischen Gebrauch.

Wirkung

Der Speichel des Blutegels (Salvina) besteht aus duzenden Substanzen, die unter anderem schmerzlindernde und entzündungshemmende Wirkstoffe sowie Stoffe, die die Durchblutung und den Lymphfluss anregen beinhalten. Der Blutverlust während der Anwendung wirkt zusätzlich wie ein kleiner Aderlass. Durch die im Speichel der Egel enthaltenen gerinnungshemmenden Substanzen kommt es zu Nachblutungen, die in seltenen Fällen bis zu 24 Stunden anhalten können.

Von diesen Stoffen sind aber bisher nur wenige benannt und einigermaßen erforscht. Die bekanntesten Substanzen sind:

  • Hirudin:

kurzfristige gerinnungshemmende Wirkung, damit die Nahrung für den Blutegel fließfähig bleibt

  • Calin:

Langfristige gerinnungshemmende Wirkung, sorgt für ausgiebige Nachblutung und eine anhaltende Reinigung der Wunde

  • Hyaluronidase:

Setzt Permeabilitätsbarriere herab, sodass die Wirkstoffe leichter durch die Zell- und Gefäßwände in das Gewebe gelangen können. Außerdem leichte antibiotische Wirkung.

  • Bdellin, Egline, und Kollagenase:

Gerinnungshemmend und entzündungshemmend. Teilweise wachstumsfördernd für Neuriten.

 

Einsatz / Indikationen

Die Einsatzmöglichkeiten der Blutegeltherapie sind vielfältig.

  • Abszesse
  • Arthrose
  • Bänderzerrung
  • Blutohr (Othämatom)
  • Bandscheibenvorfall
  • Entzündungen (z.B. Gesäugeleiste, Gelenke, Nerven, Sehnen)
  • Hämatome
  • Hautveränderungen
  • Hüftgelenksdysplasie
  • Leckekzeme
  • Schlechte Wundheilung
  • Schmerztherapie
  • Narben (Operationsnachsorge)
  • Spondylose
  • v.m.

Nebenwirkungen / Kontraindikationen

Selten kann es auch bei der Blutegeltherapie zu Nebenwirkungen kommen.

  • Wundinfektion
  • Allergische Reaktion
  • Sekundärinfektionen
  • Unerwartete Blutungen

Um Kontraindikationen möglichst auszuschließen zu können, erfolgt vor jeder Therapie eine ausführliche Anamnese.

 

Ablauf

Ansetzen

Je nach Bedarf setze ich in der Regel 2-4 Blutegel an die Problemstelle. Die exakte Stelle lasse ich die Blutegel selber suchen, da ich die Egel möglichst naturnah arbeiten lassen möchte. Daher verzichte ich in der Regel auch auf eine Rasur oder ein „Anstechen“. Ich setze ausschließlich medizinische Blutegel (Hirudo medicinalis) von zugelassenen Arzneimittelherstellern ein.

Nach dem der Blutegel die für ihn passende Stelle ausgewählt hat, beißt er sich fest. Von Menschen wird dies als nicht sonderlich schmerzhaft empfunden. Vergleichbar mit einer Brennnesselberührung oder einem Insektenstich. Auch die Tiere zeigen kaum Abwehrreaktionen. Es wird vermutet, dass der Speichel des Blutegels eine leicht sedierende Wirkung hat. Viele Tiere dösen bei der Behandlung vor sich hin.

Dauer

In der Regel dauert eine Blutegelmahlzeit zwischen 30 und 60 Minuten. Bei manchen Tieren sogar bis zu zwei Stunden. Da ein gewaltvolles vorzeitiges Entfernen des Blutegels unbedingt zu vermeiden ist, erfordert die Therapie viel Geduld.

Nachblutung

Durch die herabgesetzte Blutgerinnung blutet die Bisstelle noch für bis zu 12 Stunden nach (selten länger). Am natürlichsten und effektivsten wäre es, die Stelle ohne Verband ausbluten zu lassen. Da dies aber kaum praktikabel ist, verbinde ich die Stellen nach der Therapie mit einem saugfähigem Verband, welcher dann nach einigen Stunden vom Halter entfernt werden kann.

Nach ca. 20 Stunden fängt die Wunde an zu verkrusten. Die Durchblutung um die Wunde ist noch bis zu drei Tage erhöht, wodurch es zu einem leichten Juckreiz kommen kann. Zusätzlich wird aber auch die Zellernährung und -entgiftung in dieser Phase gesteigert.